Die Innenausstattung des Gebäudes „Aubette“ in Straßburg ist ein Manifest der Avantgarde zwischen den beiden Weltkriegen. 1928 gemeinsam realisiert von Theo van Doesburg, Sophie Taeuber-Arp und Hans Arp, spiegelt sie meisterhaft die damaligen Forschungen der zeitgenössischen Künstler im Hinblick auf Farbe und Architektur wider.
Die Aubette
Theo van Doesburg,
Straßburg, 1928
„Den Menschen in die Malerei stellen, statt davor…“
Theo van Doesburg (Utrecht 1883 – Davos 1931) ist Maler, Dichter und Kunsttheoretiker. Er gründet 1917 zusammen mit Piet Mondrian die Revue De Stijl zur Verbreitung ihres ästhetischen Konzepts, dass sie Neoplastizismus nennen: geometrische Formen, keine Kurven, keine Diagonalen, Beschränkung auf Primärfarben (Blau, Rot und Gelb) assoziiert mit Nichtfarben (Grau, Schwarz und Weiß), usw.
Zu Beginn der 1920er Jahre wendet sich van Doesburg vorrübergehend von der Malerei ab und widmet sich der Architektur, insbesondere der Frage der Rolle der Farbe. Er arbeitet unter anderem mit J.-J.-P Oud in Rotterdam zusammen (Wohnblöcke Spangen, 1921, Haus des Baustellenleiters der Cité Oud-Mathenesse, 1923).
Später dann mit Cornelis van Eesteren an einem (niemals verwirklichten) ehrgeizigen Projekt für ein Gebäude der Universität in Amsterdam (1923), in dem er seine Theorien konkret umsetzen will: „Wir haben der Farbe den richtigen Platz in der Architektur gegeben“, schreibt er 1924 über dieses Projekt 1, „und wir behaupten, dass die von der architektonischen Konstruktion getrennte Malerei (das heißt das Bild) keinerlei Daseinsberechtigung hat…“.
Für Theo van Doesburg ist die Farbe also nicht ein einfaches Dekorationselement, sondern ein raumgestalterisches Element: „Die Farbe ist für die Neue Architektur von ungeheurer Bedeutung: sie ist eines ihrer Gestaltungsmittel. Erst durch die Farbe werden die vom Architekten gewollten räumlichen Beziehungen sichtbar: die Farbe vervollständigt die Architektur, sie ist ein wesentlicher Bestandteil davon. […] Sie ist ein Ausdrucksmittel, gleichwertig mit allen anderen Baumaterialien wie Stein, Eisen, Glas, usw.“ 2
Straßburg
Zu Beginn der 1920er Jahre gründen die Brüder, Paul et André Horn – einer Architekt, der andere Apotheker, in Straßburg eine Immobilien-gesellschaft und lancieren verschiedene Projekte der Städterenovierung. Sie mieten ebenfalls den rechten Flügel der „Aubette“, weil sie in diesem im 18. Jahrhundert für militärische Zwecke errichteten Gebäude ein Restaurant und modernes Kultur- und Vergnügungszentrum einrichten möchten. Das erste Projekt der Innenraumgestaltung stammt von Paul, aber schnell beschließen die Brüder, sich in ihrem Gestaltungsprojekt von zwei Künstlern, Sophie Taeuber-Arp et Hans Arp, unterstützen zu lassen. Diese ziehen wiederum Theo van Doesburg hinzu. Letzterer sieht in diesem Projekt die Möglichkeit, die in seiner Revue De Stijl vertretene Schaffung eines Gesamtkunstwerks in die Praxis umzusetzen, eine Art universellen Kunststil, bei dem die gemeinsame Arbeit über die Individualität geht.
„Die Herren Horn ließen mich nach Straßburg kommen“, schreibt er 1928 in einer Sonderausgabe der Revue De Stijl über die Aubette, „hier konnte ich in großem Maßstab meine Ideen über die Gestaltung von Innenräumen umsetzen und die schönsten Säle nach einem modernen Farb- und Formkonzept umgestalten“ 3
Die drei Künstler nehmen sich, jeder auf seine Weise, der Raumgestaltung an – Theo van Doesburg übernimmt Bauleitung und Kommunikation:
„Da alle Projektbeteiligten unterschiedlicher Herkunft waren, optierten wir dafür, dass jeder frei nach seinen Ideen handeln könne“ 4 Bei seiner Eröffnung 1928 umfasst das Kultur- und Vergnügungszentrum Aubette insgesamt vier Stockwerke. Im Kellergeschoss die von Hans Arp gestaltete Bar in amerikanischem Stil und das Keller-Dancing. Im Erdgeschoss das von Theo van Doesburg gestaltete Café-Restaurant und das Restaurant, der von Sophie Taeuber-Arp entworfene Teesalon-Konditorei Five-O’Clock und die Aubette-Bar. Die Toiletten sind im Zwischengeschoss ebenso wie die Garderobe und das von Hans Arp gestaltete Billardzimmer. Im ersten Stock das nach Entwürfen von Theo van Doesburg gestaltete Ciné-Dancing und der Festsaal, verbunden durch den von Sophie Taeuber-Arp gestalteten Foyer-Bar.
Ciné-dancing
Angesicht der Konfiguration des Raums, insbesondere des Treppenaufgangs und der rechteckigen Filmleinwand für Kinoabende, dynamisiert Theo van Doesburg den Innenraum durch an Decke und Wänden des Saals schräg verlaufende quadratische, drei- und rechteckige Farbfelder in Schwarz, Weiß, Gelb, Grün, Blau und Rot: „Da die Raumelemente orthogonal angeordnet waren, musste dieser Saal, als eine Art ‚Kontrakomposition’ mit schrägen Farbbändern ausgewogen werden, die als einzige der architektonischen Spannung gewachsen war. […] Würde man mich fragen, was ich beim Entwurf dieses Saales vor Augen hatte, könnte ich antworten: Dem materiellen, dreidimensionalen Raum einen diagonalen, übermateriellen und pikturalen Raum entgegensetzen“. 5
Diese diagonale Kompositionsstruktur hinterfragt die ästhetischen Theorien des von Piet Mondrian entwickelten Neoplastizismus und seiner ausschließlichen Verwendung von Vertikalen und Horizontalen.
Festsaal
Theo van Doesburg entscheidet sich hier für eine ausschließlich orthogonale, auf quadratischen Formen beruhende Komposition. Die Farbpalette umfasst Primärfarben (Gelb,
Blau, Rot) und Nichtfarben (Schwarz, Weiß), ganz im Sinne der neoplastizistischen Ästhetik.Es werden zwei Töne derselben Farbe nebeneinander positioniert, um eine Art von Dissonanz zu erzielen: „Für die Aufteilung bin ich von einfachen Standardmaßen ausgegangen. Das kleinste Farbfeld ist hier 1,20 × 1,20 m groß, die größeren Farbfelder sind immer ein Vielfaches von 1,20 × 1,20 + der Breite des Streifens (30 cm).“6
Foyer-bar
In dem von Theo van Doesburg als Verbindung zwischen dem Festsaal und dem Ciné-Dancing entworfenen Foyer-Bar konnte man gleichzeitig einen Film anschauen und sich trotzdem frei bewegen. Sophie Taeuber-Arp dekorierte diesen Innenraum mit verschiedenen roten, grauen, hellgrauen und weißen Farbflächen an Wänden und Decke. Der Boden ist in einer entsprechenden Farbkomposition gehalten.
Die Aubette, 1928
Leider blieb die ursprüngliche Innenausstattung der Aubette nur fast zehn Jahre erhalten: 1938 ziehen sich die Gebrüder Horn aus dem Geschäft zurück und ihr Nachfolger lässt die Räume neu streichen, da deren avantgardistischer Stil bei den Straßburgern nur wenig Gegenliebe fand. Über lange Zeit war das Projekt Aubette nur durch Schwarz-Weiß-Aufnahmen bekannt. Dabei galt das Ciné-Dancing der Aubette mit seinen diagonal verlaufenden Farbkompositionen und der Galerie als Ikone für das Zusammenspiel zwischen Architektur und Farbe. Nur durch einen Glücksfall wurden die Malereien in den 1970er Jahren wiederentdeckt und zwischen 1985 und 1989 als historische Kulturdenkmäler geschützt. Die 1985 begonnenen Renovierungsarbeiten wurden 2006 abgeschlossen.
Heute können die Räume im ersten Stockwerk der Aubette wieder besichtigt werden. Jetzt kann jeder in der Malerei stehen und nicht mehr davor, so wie es Theo van Doesburg einst wollte, und feststellen, dass dieses Gestaltungskonzept weit über eine einfache Innenraumgestaltung hinausgeht: mit einigen abstrakten Grundformen, Geraden und nur drei Farben kombiniert mit Schwarz, Grau und Weiß erhalten die Farbkompositionen einen Monumentalcharakter und schaffen in jedem Raum ein besonderes räumlich-farbliches Ambiente. Ein „Gesamtkunstwerk“?
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Auskünfte unter www.musees.strasbourg.eu
„Die Bedeutung von Farbe in der Architektur“
von Theo van Doesburg
“Man muss eindeutig unterscheiden zwischen den drei Haupttendenzen der Architektur, da dies sich entscheidend auf die Art der Verwendung von Farbe auswirken.
1. Die dekorative Architektur.
2. Die konstruktive, ausschließlich funktionale Architektur.
3. Die plastische Architektur.
In der dekorativen Architektur ist die Farbe ein Mittel zur Dekoration der von der Architektur geschaffenen Flächen. Hier gilt sie ausschließlich als Ornament. Sie ist daher ein unabhängiges Element, das, anstatt die Ausdruckskraft des Gebäudes zu stärken, dieses eher tarnt, und in einigen Extremfällen sogar zerstört (Barockzeit). In der konstruktiven, rein materialistischen Zwecken dienenden Architektur will die Farbe durch ihre neutralen Grau- Grün- und Brauntöne nur das die Architektur verbindende und vereinheitlichende Element herausstellen und Holz, Eisen, usw. vor Feuchtigkeit schützen. Dadurch hebt sie den rational-konstruktiven, anatomischen Charakter der Architektur noch hervor.
Die funktionale Architektur trägt nur den praktischen Aspekten des Alltags, den funktionalen Mechanismen des Lebens, Wohnens und Arbeitens, usw. Rechnung. Es gibt jedoch noch andere Bedürfnisse als die rein praktischen, nämlich die geistigen. Ab dem Moment, wo der Architekt oder der Ingenieur das Gleichgewicht zwischen den Proportionen sichtbar machen wollen, also den Bezug zwischen der Wand und dem Raum ausdrücken möchten, sind ihre Intentionen nicht mehr rein konstruktiv, sondern auch plastisch. Sobald man diese Bezüge herausstellt, auch bei den Materialien, kommt die Ästhetik mit ins Spiel. Ausgeglichene Verhältnisse bewusst zum Ausdruck bringen ist bereits plastische Kunst.
In diesem Stadium der „plastischen Architektur“ wird die Farbe zum Ausdrucksmittel gleichwertig mit allen anderen Baumaterialien wie Stein, Eisen, Glas, usw. Die Farbe ist daher nicht mehr nur ein Orientierungsmittel, um Distanz, Position, Dimension und Ausrichtung der Volumen und Objekte hervorzuheben, sondern vielmehr ein Mittel, die gegenseitigen Beziehungen zwischen Raum und Objekten, Richtung und Position, Größe und Ausrichtung, usw. sichtbar zu machen. Und genau diese Anordnung der Proportionen ist die ästhetische Aufgabe der Architektur. Wenn man Harmonie schafft, schafft man auch Stil. Das verlangt keine weiteren Erklärungen. Gleichgewicht entsteht nur aus einer wohldurchdachten, Zusammenarbeit zwischen Ingenieur, Architekt und Künstler. In diesem Stadium hat die Architektur ihre rein konstruktive Phase, in der sie sich selbst bereinigt, bereits hinter sich. Sie begnügt sich nicht mehr einfach mit der Zurschaustellung ihrer Anatomie, sie ist selbst ein unteilbarer und lebendiger Körper…“
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Auszug aus La Cité: Urbanisme, Architecture, Art Public, Band 4, Nr. 10, Brüssel, Mai 1924
1. Doesburg / Eesteren, 1923 –1924, cité par Mathias Nosil,
« Peindre l’espace », in L’Aubette ou la couleur dans l’architecture, Strasbourg, 2008
2. Theo van Doesburg,
« La signification de la couleur en architecture », in La Cité : urbanisme, architecture, art public, vol. 4, # 10, Bruxelles, mai 1924
3. Theo van Doesburg, « Notices
sur l’Aubette à Strasbourg »,
in De Stijl # 8 (1928) nr. 87- 89, Aubette, Strasbourg
http://fr.wikisource.org/wiki/Notices_sur_l’Aubette_à_Strasbourg
4. id.
5. id.
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7. id.
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